Die Freie Kindertagestätte Schneckenhaus besteht in Offenburg seit 1984 als ausschließlich von Eltern getragene Einrichtung. Sie erweitert die Vielfalt der Angebote der Kinderbetreuung in Offenburg. Hervorzuheben sind ein hohes freiwilliges Engagement der Eltern für ihre Kinder, sowie eine hohe Bereitschaft, kindorientierte Pädagogik einzufordern und in die Praxis umzusetzen.

Lernen im Geist des Anfängers

Die Sommerferien sind fast vorbei, bald geht das neue Schuljahr los. Ein bisschen fühlt es sich immer an, als ob die Uhren in der Kita anders ticken, als ob unser Jahr sich immer im September erneuert. Die neuen Praktikanten beginnen jetzt ihr Jahr bei uns, Kindergartenkinder fangen an in die Schule zu gehen, wer uns verlässt, fängt woanders an.
Aber nicht nur hier gibt es Anfänge. Während der Sommerferien konnten wir bei den Kindern oft beobachten, was Prof. Gerd Schäfer aus Köln den "Anfängergeist" nennt: Wir kommen auf die Welt und sind in allen Bereichen noch Neulinge, eben Anfänger. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus Erfahrung zu lernen. Aber was steht uns dafür zur Verfügung? Zu allererst ist es natürlich unser Körper, der sich über Bewegung und die Sinne mit der Umwelt auseinandersetzt. Im Experiment kombinieren wir Bekanntes mit Unbekanntem, benutzen vielleicht ein neues Wort und warten dann die emotionale Resonanz unserer Umwelt ab, um das Experiment dann für uns zu bewerten. Dieser Prozess ist der Gewinn von Lebenserfahrung und sie wird in unserem Gehirn gespeichert. Der Motor dieses Prozesses sind unsere Neugier und unsere Kreativität. Wenn es uns Erwachsenen gelingt, können wir uns diesen Anfängergeist über unsere Kindheit hinaus bewahren. Häufiger kommt es aber vor, dass er uns im Laufe der Zeit ausgetrieben wurde. Wenn wir über die Unterstützung unserer eigenen Kinder nachdenken, so müssen wir zuerst dieses Erfahrungslernen verstehen, uns in den Anfängergeist hineindenken. Wir können den Kindern dabei eine hilfreiche Begleitung sein, wenn wir selbst lernen, Situationen auszuhalten. Wir schwer ist es doch oft, die Langsamkeit eines Kindes bei einer Tätigkeit zu ertragen, die man doch viel effizienter ausführen könnte. Der Lernbegleiter - egal ob das der Vater, die Mutter oder wir in der Kita sind - versucht sich einzufühlen, mit dem Kind mitzudenken und bringt zur Sprache, was er denkt und wahrnimmt: "Aha, so funktioniert das auch." Da die Neugier der Motor des Lernens ist, sind wir bemüht, sie mit Fragen herauszufordern. Natürlich halten wir uns bei alldem so weit zurück, dass das eigene Denken des Kindes noch im Vordergrund steht. Haben wir diese Haltung bei uns kultiviert, so bleibt nichts mehr zu tun, als den Kindern Gelegenheiten, Materialien und Werkzeuge zu geben, mit denen sie arbeiten und lernen können. Was hier ganz selbstverständlich klingt, ist natürlich oft ein ständiges Ringen mit dem, wie mit uns umgegangen wurde, was wir gewohnt sind. Aber auch hier versteckt sich wieder eine Möglichkeit, denn, wenn wir uns auch selber zubilligen, dass wir mit Anfängergeist an die Sache herangehen, dann sind wir ja schon mittendrin. "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne," sagt Hermann Hesse das Ganze poetischer. Lassen wir uns verzaubern.

 

von Christian Fazekas